Digitale Werkzeuge in der Wasserwirtschaft

Bereitsdie trockenen Sommer der Jahre 2018 und 2019 brachten Niedrigwasserrekorde invielen europäischen Fließgewässern und verursachten sowohl in der Dauer und inder „Höhe“ neue Extremwerte. So kam Prof. Dr.-Ing. Daniel Bachmann auf dieIdee, die Problematik dahinter näher zu untersuchen. An der Hochschule Magdeburg-Stendal lehrt erunter anderem Hochwasserrisikomanagement. Bei der Lösung der Niedrigwasser- undHochwasserproblematik gibt es laut Bachmann viele Gemeinsamkeiten, aber auchviele Unterschiede. „Die Idee war, die Methoden im Hochwasserrisikomanagementauch für das Niedrigwasser zu benutzen“, erklärt Bachmann. So entstand dasProjekt „DryRivers“, welches Anfang dieses Jahres an der Hochschule startete.Daniel Bachmann bezeichnet sich und seine Kollegen dabei als „Werkzeugmacher“.Ziel ist es, ein Verfahren in Form eines Tools, eine Art digitales Werkzeug zuentwickeln. Dabei gibt es drei Testgebiete: Die Rur in Nordrhein-Westfalen, dieSelke und einen Teil der Elbe in Sachsen-Anhalt.

Im Tool wird für die Testgebiete ein vereinfachtesAbbild der Natur modelliert. „Gerade sind wir in der konzeptionellenEntwicklung unseres Werkzeuges“, erzählt Bachmann. „Die Idee ist, basierend aufden aktuellen klimatischen Verhältnissen eine synthetische, langjährigeZeitreihe von Wetter, Regen und Temperatur in dem Einzugsgebiet zu erzeugen.“So können mögliche Wasserstände berechnet und die unterschiedlichenKonsequenzen von Niedrigwasser analysiert werden. SozioökonomischeKonsequenzen, beispielsweise für die Schifffahrt, Wasserkraft und Fischereimachen vor allem dem Menschen zu schaffen. Was laut Bachmann nicht vergessenwerden darf: die ökologischen Schäden. „Es geht dabei nicht nur um Fische,sondern auch um Kleinstlebewesen“. Denn der Projektleiter weiß: „Fische sterbenleise. Die Natur wird oft hinter die Ökonomie gestellt. Deshalb ist es wichtig,dass wir ganz klar zeigen, dass auch ökologische Probleme verursacht werden“.Das Ergebnis der Berechnungen: sogenannte Risikowerte für den aktuellen Zustanddes Einzugsgebiets, wie beispielsweise der Schaden für die Schifffahrt proJahr. So können Maßnahmen für weitere Berechnungen in Betracht gezogen werden.„Wir machen zum Beispiel eine Niedrigwasserrinne, rechnen das Ganze noch maldurch und schauen, wie sich die Risikowerte, also die Konsequenzen pro Jahr zumaktuellen Zustand verändern. Wir finden also quantitativ heraus, wie eineeffektive Maßnahme aussieht“, erklärt Bachmann. „Oder in die andere Richtung:Wir nehmen Klimaparameter für das Jahr 2100, machen daraus unser Wetter undschauen, was sind die Konsequenzen, wenn wir die Maßnahmen nicht erreichen“,erläutert der Projektleiter.

Das Endziel sei, dass vor allem die zuständigenBehörden das Werkzeug anwenden. „Wir produzieren den Schraubenzieher und die Behörden– die Handwerker nutzen das Werkzeug, um Schrauben rein oder rauszudrehen“,sagt Bachmann.

An „DryRivers“ ist allerdings nicht nur dieHochschule Magdeburg-Stendal beteiligt. Auch die RWTH Aachen, das UmweltbüroEssen und die Firma LimnoPlan – Fisch und Gewässerökologie sind mit von derPartie. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung undForschung im Rahmen der WaX-Fördermaßnahme.

„Für die Hochschule sind die Kooperationen nachaußen klasse“, meint Daniel Bachmann. „Außerdem arbeiten wir internfachbereichsübergreifend zusammen. Es ist selten, dass so viele Professoren derHochschule an einem Projekt arbeiten und natürlich super, dass wir dasgebündelte Know-how haben“, ergänzt er. Auch in der Zukunft sei die Niedrigwasserforschungein spannendes Thema nicht nur für die Hochschule, sondern auch für das LandSachsen-Anhalt.

Bis 2025 wird „DryRivers“ noch laufen. Aktuellsteht die Forschung noch am Anfang und so gibt es noch keine konkretenErgebnisse. Für die Zukunft sei das Projekt aber von hoher Wichtigkeit, dennDaniel Bachmann ist überzeugt: „Wir werden uns an den voranschreitendenKlimawandel anpassen müssen. Niedrigwasser ist dabei sicherlich eine großeHerausforderung!“.


(Text: Johanna Pichler)

Ingenieurökologische Vereinigung e.V. 2023